Amerikanische Behörden fördern die Darkweb-Technologie TOR und bekämpfen sie gleichzeitig. Warum?

Einsichten in die Finanzierung der Darkweb-Technologie TOR.

Die Darkweb-Technologie TOR ist aktuell die sicherste, um die Anonymität beim Surfen im Internet zu gewährleisten (siehe dazu auch mein Blog vom 9. Juni 2020). Europäische Polizisten („Weg mit dem Darknet“) wie auch amerikanische Behörden („TOR stinks“) wünschen deshalb ein Verbot der Technologie.

Wer steht hinter dem TOR-Projekt und woher kommen die finanziellen Mittel für Wartung und Weiterentwicklung der Technologie? Auskunft darüber gibt der Finanzbericht der Organisation „THE TOR PROJECT, INC.“. Im Finanzjahr 2019 (d.h. Juni 2018 bis Juni 2019) hatte die Organisation ein Budget von insgesamt $ 5,6 Mio.

55 % davon erhielt die Organisation von zwei staatlichen (amerikanischen) Organisationen, 22 % vom Stanford Research Institute, das ebenfalls staatlich finanziert ist. Insgesamt stammten demzufolge 77 % der Finanzen für das TOR-Projekt aus staatlichen amerikanischen Quellen. Wie lässt sich das erklären, wenn der gleiche amerikanische Staat die Darknet-Technologie auch bekämpft? Finanziert er das Projekt vielleicht, damit dort Hintertüren für den amerikanischen Geheimdienst (NSA) eingebaut werden?

Das bestreiten die Leitenden des TOR-Projektes und es gibt auch keine Hinweise darauf. Auch der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden bezeichnet die TOR-Technologie als sicher.

Der Widerspruch lässt sich teilweise aus der Entwicklungsgeschichte der TOR-Technologie erklären: Ihre Grundelemente wurden vom amerikanischen Militär entwickelt, das ein Werkzeug für die sichere Datenübertragung bekommen wollte. 2004 veröffentlichte das amerikanische Militär den Code, worauf immer mehr private Organisationen begannen, die Entwickler des Codes privat zu finanzieren. 2006 gründeten diese THE TOR PROJECT INC. Auch der amerikanische Staat unterstützte das TOR-Projekt – wie auch andere OpenSource-Projekte (z.B. den Messenger-Dienst Signal) – weiterhin.

Die TOR-Organisation setzt seit Jahren alles daran, den Kreis der Spender massiv zu erweitern, um die Abhängigkeit vom amerikanischen Staat zu reduzieren. In den letzten Wochen gab es zudem vonseiten der Administration Trump Bemühungen, die amerikanischen Beiträge zu kürzen. Hinter der Finanzierung der TOR-Technologie scheint also keine eigentliche Strategie zu stecken, sondern ein allgemeines Interesse an der Unterstützung von OpenSource-Projekten. Wie gross dieses Interesse ist, hängt vom jeweiligen amtierenden Präsidenten ab.

Mein Fazit:

Die Finanzierung der Darkweb-Technologie TOR hängt immer noch zum weitaus grössten Teil von der amerikanischen Regierung ab. Diese Finanzierung scheint nicht zweckgebunden zu sein und beeinträchtigt die Sicherheit der Technologie nicht. Wenn es aber das TOR-Projekt nicht schafft, eine breitere Basis von Unterstützern zu erhalten, so bleibt es auf Gedeih und Verderb vom amerikanischen Staat abhängig.

Ich persönlich bin trotz der Mitfinanzierung durch den amerikanischen Staat von der TOR-Technologie überzeugt und unterstütze das Projekt deshalb mit der Bereitstellung eines TOR-Relays, der 500 MBit/s an das TOR-Netzwerk beisteuert.

Hier können Sie das TOR-Projekt finanziell unterstützen.

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